Diese Woche im Kino in der Reitschule
Kino in der Reitschule
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Mon Feb 22 14:28:15 CET 2010
Diese Woche im Kino in der Reitschule
UNCUT:
Dienstag, 23. Februar 2010, 20.30 Uhr
ESCAPE TO LIFE Ð Die Erika und Klaus Mann Story
DokumentarÞlm von Andrea Weiss (ãFrauen im JazzÒ) und Wieland Speck,
Deutschland 2000, DVD 83Õ, D,E / deutsche UT.
Mit Vanessa Redgrave, Cora Frost, Christoph Eichhorn
Die enge Beziehung der Geschwister Erika und Klaus Mann wird
chronologisch bis zum Tode Klaus Manns erzŠhlt, wobei vor allem ihre
HomosexualitŠt, der Wandel zu politisch bewussten Menschen und
Drogenprobleme deutlich werden und die Zeitgeschichte eher beilŠuÞg
erwŠhnt wird. Ein Þlmischer Essay, der mit gezielten BrŸchen,
Archivbildern, FotograÞen, Zitaten der Geschwister aus dem Off,
Interviews mit Erika Mann sowie mit Zeitzeugen und nachgespielten
Szenen mit Schauspielern arbeitet.
Das berŸhmte Schwarz-Weiss-Foto, das die Avantgarde-KŸnstlerin Lotte
Jacobi 1930 in Berlin aufnahm, darf nicht fehlen: Erika im ProÞl mit
Kurzhaarschnitt, Hemd und Schlips. Sie sieht aus wie ein Mann und
dreht den Kopf hinŸber zu Klaus, der lŠssig eine Zigarette im Mund
hŠlt und sie mit verschleiertem Blick von der Seite anschaut. ãWir
traten wie Zwillinge auf, die Erwachsenen wie die Kinder hatten uns
als Einheit zu akzeptierenÒ, sagt die Stimme aus dem Off. Beides
zusammen ist das Leitmotiv des Films, den Andrea Weiss (nach ihrem im
vergangenen Jahr veršffentlichten Buch) und Wieland Speck Ÿber das
Leben der beiden Kinder von Thomas Mann zusammengestellt haben.
Auch wenn der Film chronologisch dem Ÿber weite Strecken gemeinsamen
Leben von Erika und Klaus Mann folgt und ohne Kommentar auskommt, ist
er eher ein Zeitbild und ein multimedialer Denkanstoss denn eine
BiograÞe, mehr Essay denn Dokumentation. In jedem Satz der FotograÞn
Marianne Breslauer, des Schauspielers Igor Pahlen der jŸngsten
Schwester Elisabeth und natŸrlich in dem Interview mit Erika Mann
selbst kommt ein neuer Aspekt aus dem vielschichtigen Leben ans
Tageslicht; wie schšn es in der MŸnchner Villa war, in der sie
aufwuchsen, mit wie viel Spass sie schon als Kinder Theater spielten
und wie sich Erika freute, als sie bei Max Reinhardt ihr erstes
Engagement als Schauspielerin bekam. Das (spŠte) Interview mit Erika
Mann stammt aus dem Archiv, aber wenn Erika und Klaus sich - richtig
mondŠn - in Berlin Mitte der 20er-Jahre ins wilde Nachtleben stŸrzen,
wird die Szenerie mit Darstellern nachgespielt: in Farbe und
atmosphŠrisch-satten Hochglanzbildern.
Immer wieder bekommt die Stimmung einen Bruch, wenn solche Szenen
inszeniert werden, nicht nur, weil sie immer eine Spur zu
theatralisch geraten sind, was nicht zuletzt an den Darstellern Maren
Kroymann, Cora Frost und Christoph Eichhorn liegt, sondern weil die
Bilder oft die Zitate einfach nur verdoppeln, ohne ihnen eine neue
Dimension zu geben. Auf Erika Manns beschreibende Worte ãEs war ganz
allgemein ein offenes Sich-Berauschen ohne Grund, um dies zu
erreichen, waren alle Mittel erlaubt: Musik und Alkohol, Marihuana,
Morphium und KokainÒ folgen Bildern von Klaus im Rausch. Wenn von
Klaus Manns ersten homosexuellen Erfahrungen und Bekenntnissen die
Rede ist, sieht man ihn kurz drauf mit seinem Geliebten im Bett. Auch
wenn diese Einlagen in sich stimmig sind, wollen sie nicht so recht
zu den anderen Einzelteilen des Þlmischen Puzzles passen.
Paradoxerweise liegt genau darin aber der Reiz dieses Essays, denn
das weitgehend gemeinsame Leben der Geschwister - in Deutschland,
spŠter in Europa und Amerika im Exil - war geprŠgt von solchen
WidersprŸchen. Die Liebe und FŸrsorge der Geschwister fŸreinander
ŸberbrŸckte sie. Warum sonst heiratete Erika Gustaf GrŸndgens, der
doch wohl eher der Geliebte von Klaus war, und Erika zu der Zeit in
Liebe einer Frau, Pamela Wedekind, zugetan war? Solche Fragen kann
der Film natŸrlich nicht klŠren, und die Sache mit Klaus Manns
exzessivem Drogenkonsum auch nicht. Als die beiden 1933 Hitler-
Deutschland verlassen und Klaus Mann zunehmend depressiver wird,
Šndert sich der Tonfalls des Essays nur unmerklich, trotz der Zitate
mit den Selbstmordgedanken, die Klaus Mann immer wieder Šussert.
Vanessa Redgraves herbe Stimme auf dem Off (die Erika Manns Gedanken
im Exil spricht, auf Englisch) ist nun mal markanter als die ihres
Bruders Corin, aber es ist eine schšne Geste, das Geschwisterpaar
Mann von den Schauspieler-Geschwistern Redgrave sprechen zu lassen.
Der Film Ÿber die Manns, dessen enge Beziehung sich durch KlausÕ
Drogenkonsum in den 40er-Jahren und Erikas allmŠhliche AnnŠherung an
ihren Vater, die Klaus nicht billigte, etwas lockerte, schlie§t
folgerichtig mit dem Ende der Symbiose, mit Klaus Manns Selbstmord im
Jahr 1949.
Auch wenn ãEscape to LifeÒ nicht von einem Geschwisterpaar gedreht
wurde, so gibt es auch Parallelen zu den Filmemachern. Andrea Weiss
und Wieland Speck bekennen sich ebenfalls beide zu ihrer
HomosexualitŠt - und so wie Erika Mann der stŠrkere des Duos war,
dominiert auch die bekannte amerikanische Dokumentaristin Andrea
Weiss mit ihrem typischen Stil, Interviews, Fotos und Archivaufnahmen
zu einem atmosphŠrischen Zeitbild zusammen zu stellen. Die
Spielszenen sind eher Wieland Speck zuzuordnen, der vorher schon
SpielÞlme (ãWestlerÒ, 1985) und Video-Dokumentation drehte und
ursprŸnglich eine Serie von KurzÞlmen nach Werken von Klaus Mann
plante. Die Einheit, die Klaus und Erika Mann in sich selbst sahen,
ist hier zwar nicht entstanden, dafŸr aber ein Essay, der lebhafter
und konzentrierter ist als viele BŸcher Ÿber die Manns.
PORTA CHIUSA
Mittwoch, 24. Februar 2010, 20.30
Donnerstag, 25. Februar, 20.30 Uhr
Sonntag, 28. Februar, 20.30 Uhr
PORTA CHIUSA
Am 24. Februar in Anwesenheit von Giovanni Di Stefano, Heike Fiedler,
Giorgio Andreoli und Richard Werder
Dieser interdisziplinŠren Performance liegt der Konflikt zugrunde,
dass wir am Anfang des 21. Jahrhunderts in einer Welt leben, die noch
immer auf Nationalstaaten aufgebaut ist, und in der die Menschen
nicht gleich behandelt werden; in der immer noch von Hautfarbe und
Rasse gesprochen wird und in der ErnŠhrung, Gesundheit und Zugang zu
Bildung immer noch von hierarchischer Klassifizierung abhŠngig
gemacht wird. Thema ist somit der Konflikt zwischen der ã Anerkennung
der angeborenen WŸrde und der gleichen und unverŠusserlichen Rechte
aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen, die Grundlage von
Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt
bildetÒ (MenschenrechtserklŠrung vom 10. Dezember 1948) und der
Tatsache, dass genau diese WŸrde in zunehmendem Masse verletzt wird.
Paed Conca, Komponist und Interpret, hat zu diesem Thema eine
Komposition verfasst und drei Arbeiten von drei KŸnstlerInnen aus
verschiedenen Kunstbereichen mit dieser Komposition zu einer
interdisziplinŠren Performance zusammengefŸgt:
Aktion: Experiment der Blinden Malerei
Der eventualistische KŸnstler Giovanni Di Stefano wird mit
verbundenen Augen eine GlastŸre mit schwarzer …lkreide komplett zu
Ÿbermalen versuchen. Diese Aktion wird von beiden Seiten der
auszumalenden FlŠche gefilmt. Beide Aufnahmen werden in einem Video
zeitgleich zu sehen sein. Der KŸnstler hat maximal 30 Minuten Zeit,
die Scheibe so zu Ÿbermalen, dass keine transparenten FlŠchen mehr
Ÿbrig bleiben. Was ihm natŸrlich nicht gelingen wird, da er mir
verbundenen Augen Fehler machen wird.
Wort: Forteressensiemangerneles
Heike Fiedler, Autorin und Performerin
Eine Wortkreation in verschiedenen Sprachen, die mit der Ausgrenzung
und UnterdrŸckung ãspieltÒ.
Film:
Der Filmemacher Giorgio Andreoli hat 2008 wŠhrend Ausschaffungen von
abgewiesenen Asyl Suchenden im Flughafen ZŸrich/Kloten Filmaufnahmen
gemacht und diese zu einer Filmcollage verarbeitet. Mit Absicht
werden keine Gesichter gezeigt.
Musik:
Die Komposition ãPorta ChiusaÒ von Paed Conca wird zu diesen drei
Arbeiten als Live-Konzert aufgefŸhrt mit Hans Koch(cl), Michael Thieke
(cl) und Paed Conca(cl).
Bedeutung:
Im Videofilm ist eine GlastŸre zu sehen. Durch das †bermalen wird
versucht, sie ãun-durchdringlichÒ zu machen. Doch wird das nicht
gelingen: Es werden Flecken transparent bleiben.
PORTA CHIUSA interpretiert dies als Sinnbild der Unmšglichkeit einer
totalen (totalitŠren) Sicherheit, die als Vorwand dient, jeglichen
Einlass zu verwehren. Eine trŸgerische Sicherheit, die vor der
Tatsache der weltweiten Migration die Augen verschliesst und nicht
realisiert, dass diese Abschottung Gefahr von Innen nŠhrt. Diese
Abschottung bedeutet zudem, mitzuwirken an der Missachtung der
MenschenwŸrde.
In den Texten von Heike Fiedler und im Film von Giorgio Andreoli wird
fassbar, dass die Mšglichkeit zur Kriminalisierung der Migration
heute europaweit gesetzlich verankert ist und umgesetzt wird. Dieser
ãUnzustandÒ bedeutet gerade fŸr die Betroffenen, dass sie als
minderwertig, gefŠhrlich, kriminell und asozial klassiert werden. Es
bedeutet: Die Verweigerung des Mensch-Sein-DŸrfens und nicht das
Recht auf Bewegungsfreiheit haben zu dŸrfen.
Dagegen will das Kulturprojekt PORTA CHIUSA ein Zeichen setzen.
Rabe Fest Ð 26. & 27. Februar 2010
Freitag, 26. Februar, 19.30 Uhr
Samstag, 27. Februar, 22.30 Uhr
Jolly Roger
Beat Hirt, Schweiz 2003, 90 Min., 35mm, Dialekt
Der Dokumentarfilm erzŠhlt die Geschichte der Schweizer Radiopiraten,
die in den 70er Jahren auftauchten. Im Fokus: Roger Schawinskis Radio
24 in seinen wilden Jahren. GestŸtzt durch zahlreiche Privat- und
Archivdokumente rekonstruiert Beat Hirt den fast vier Jahre dauernden
Radiokrieg zwischen Roger Schawinski und der SRG, beziehungsweise
einem Haufen rechter Politiker, die sich heftigst gegen die Zulassung
von Privatradios strŠubten. Es war die Zeit, als das Schweizer Radio
noch BeromŸnster hiess und fŸr Menschen unter dreissig
schlechterdings unhšrbar war.
Freitag, 26. Februar & Samstag 27. Februar, jeweils 21.15 Uhr
Radio LoRA 97,5 MHz Ð 25 Jahre laut!
Gido Dietrich, Schweiz 2009, 30 Min., DVD, D
anschliessend: RaDialoge 08
Paola DelcoÕ & Ricardo Dorantes, Schweiz 2009, d, 15 Min., DVD
Radio LoRA 97,5 MHz Ð 25 Jahre laut!
Am 14. November 1983 ging das alternative Lokalradio ZŸrich (ALR)
unter dem Rufnamen Radio LoRa auf Sendung. Heute strahlt das
werbefreie Gemeinschaftsradio 163 Sendungen mit den Schwerpunkten
Kultur, Politik, Musik in 20 Sprachen aus. 300 ehrenamtliche
Sendungsmacherinnen und Sendungsmacher gestalten das vielfŠltige
Programm ausserhalb des Mainstream. Der Kurzfilm "25 Jahre laut"
portraitiert das Alternative Lokalradio ZŸrich und dokumentiert seine
Ÿber 25-jŠhrige Geschichte.
RaDialoge 08
Ein Kurzfilm zum interkulturellen Radiofestival RaDialoge 2008 des LoRA
Freitag, 26. Februar, 22.30 Uhr
Samstag, 27. Februar, 19.30 Uhr
No More Smoke Signals
Fanny BrŠuning, Schweiz 2008, 90 Min., 35mm, E/d
Eine Radiostation, einsam auf einem kleinen HŸgel in South Dakota in
den USA, gegrŸndet in den 70er Jahren von Aktivisten der indianischen
Widerstandsbewegung: KILI RADIO, "Voice of the Lakota Nation". Ein
vergessener Ort zwischen Kampf und Hoffnung, zwischen indianischem
Mythos und dem Alltag im Šrmsten Reservat der USA. Doch da ist
Roxanne Two Bulls, die auf dem Land ihrer Ahnen ein neues Leben
beginnen will, der junge DJ Derrick, der bei KILI seine musikalische
Ader entdeckt. Da ist der weisse Anwalt Bruce, der seit 30 Jahren
versucht, einen indianischen Aktivisten aus dem GefŠngnis
freizubekommen. Und da taucht plštzlich der frŸhere AIM-Aktivist John
Trudell auf, der in Hollywood als Musiker Karriere gemacht hat. Bei
KILI RADIO lŠuft alles zusammen. Statt Rauchzeichen sendet KILI seine
Signale durch die Weite der grandiosen Landschaft, mit einer
wunderbaren Mischung aus Humor und Melancholie. Native Hip Hop und
zerbrochene Windschutzscheiben: Der Stolz kehrt zurŸck, it really is
ok to be Lakota. Der Film erhielt u.a. den Schweizer Filmpreis 2009
fŸr den besten Dokumentarfilm.
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Programm der Reitschule und mehr findest du unter http://
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